Glücklicherweise gibt es inzwischen einige schöne Kinderbücher und Erwachsenenliteratur, die einen zeitgemäßen Traueransatz verfolgen, diversen Charakter haben und Raum für Assoziation
und Interpretation lassen. Trotzdem ist es nicht einfach, das Passende für die eigene Situation herauszupicken. Gerade im Bereich Sterben, Tod und Trauer empfehle ich, die Bücher erst
einmal selbst anzuschauen, bevor wir sie unseren Kindern vorlesen. Ich habe schon erlebt, dass Kinderbücher das Kind nicht trösten oder ermutigen, sondern irritieren oder triggern - je nachdem,
was das Kind selbst erlebt oder eben (noch) nicht erlebt hat.
Die Medien, die ich im Folgenden vorstelle, finde ich persönlich sehr gelungen, dennoch möchte ich Euch bitten, sie nicht ohne vorherige Sichtung vorzulesen oder zu verschenken.
Allgemeines zum Tod / Tod der Großeltern
für Kinder ab ca. 3 Jahre:
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Britta Sabbag und Maite Kelly: Die kleine Hummel Bommel nimmt Abschied Niedlich illustriertes Buch der bewährten Kinderbuch-Reihe von Hummel Bommel. Wenn Kinder mit den
Figuren bereits vertraut sind, fällt die Identifikation mit dem Thema leichter. Am Beispiel der sterbenden Oma werden auch kleine Kinder behutsam an das Thema Tod
herangeführt und bekommen einen Eindruck, wie facettenreich und liebevoll Trauer gelebt werden kann.
für Kinder ab ca. 4 Jahre:
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Patricia Mennen: Wieso? Weshalb? Warum?, Band 42 - Abschied, Tod und Trauer Detailreiches und anschauliches Buch mit vielen (Klapp-) Bildern. Die Thematik wird am Beispiel
der kranken und sterbenden Oma erklärt, was die realistische Lebenswelt von vielen Kindern darstellt. Dazu werden typische Kinderfragen beantwortet wie "wie fühlt sich sterben
an?"
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Mechthild Schroeter-Rupieper: Geht Sterben wieder vorbei? Dieses Buch geht ausführlich auf den Sterbe- und Bestattungsprozess ein (am Beispiel von Opa) und hilft, typische
Kindergedanken zu verstehen ("was bleibt vom toten Menschen übrig?"). Beantwortet auch uns Erwachsenen noch einige Fragen!
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Alan Durant und Debi Gliori: Für immer und ewig Anhand einer gefühlvollen Tiergeschichte wird geschildert, wie es sich anfühlt um ein (Wahl-)Familienmitglied zu trauern.
Auf viele Situationen übertragbar und mit schönen Erinnerungs-Impulsen.
für Kinder und Jugendliche ab ca. 8 Jahre:
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Eric Wrede: Wenn wir ins Gras beißen - Das Buch vom Tod für große und kleine Menschen. Trost geben, Angst nehmen und Aufklärung - Mit Tipps für Eltern und
Bezugspersonen Ein ausführliches, sehr anschauliches und informatives Buch, das viele verschiedene Sterbe- und Bestattungs-Szenarien enthält. Wunderbar divers in leicht
verständlicher Sprache.
für Erwachsene:
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Tita Kern: Wie Kinder trauern Ein Buch zum Verstehen und Begleiten Mit diesem Buch lernen wir, uns in die Gefühls- und Gedankenwelt von Kindern zu versetzen und
bekommen hilfreiche Tipps für den Umgang mit trauernden Kindern nach einem modernen Traueransatz. Was mir besonders gefällt: Hier wird auch auf den Fall eingegangen, wie wir "misslungende"
Kommunikation nachträglich "wiedergutmachen" können.
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Chris Paul: Ich lebe mit meiner Trauer Eine Art Standardwerk der Trauerliteratur. Trauer-Expertin Chris Paul erklärt sowohl wissenschaftlich als auch anhand von Praxisbeispielen welche
Facetten der Trauerweg beinhaltet, zeigt, dass Trauer bunt ist und dass es keine Schrittfolge zu absolvieren gibt, sondern jede Facette immer da sein kann. Trauer als gesunden Prozess zu
verstehen, der niemals bewältigt oder abgeschlossen werden muss und Trauerenden nahe zu bringen, dass es nicht darum geht, die Verstorbenen los zu lassen, bilden die Kernaussage des
(Sach-)Buches.
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Podcast "Sounds familiar" Folge vom 15.5.2025: Trauerbegleitung: Wie spreche ich mit meinem Kind über den Tod? mit Sissi Rasche und Nina Weiß Wer lieber hört, statt liest,
bekommt hier hilfreiche und sensible Tipps für den Umgang mit trauernden Kindern. Die Trauerbegleiterin Nina Weiß beantwortet typische Elternfragen wie "Trauert mein Kind überhaupt?
Woran merke ich, ob mein Kind trauert?"
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TV-Film (2024): Sterben für Beginner Dass die Themen Sterben, Abschiednahme, Tod, Bestattung und Trauer hier zwar emotional, aber gleichzeitig locker und originell erzählt werden,
liegt unter anderem daran, dass das Drehbuch auf der wahren Story eines alternativen Berliner Bestatters beruht, der an der Entstehung des Films mitwirken konnte.
Tod eines Elternteils
für Kinder ab ca. 3 Jahre:
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Jackie Azua Kramer & Cindy Derby: Der Junge und der Gorilla Dieses Buch beeindruckt mehr durch seine Bilder als durch den minimalistischen Text (der aber auch sehr sensibel
ist). Der Tod einer jungen Mutter ist ein angstbesetztes gesellschaftliches Tabu, deshalb haben sich bisher kaum Autor*innen an diese Thematik herangetraut. Wenn jedoch dieser Fall in
einer Familie eintritt, ist es ratsam, den (kleinen) Kindern dieses Buch anzubieten um damit der Trauer Raum zu geben und gegebenenfalls auch Anreiz zu einem Gespräch zu schaffen.
für Kinder ab ca. 4 Jahre:
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Marion Hübinger: Eine Tüte voll Papa Die ruhige und klare Sprache und die ansprechenden Bilder laden dazu ein, mit (jüngeren) Kindern, die ihren Papa verloren haben, ins
Gespräch zu kommen. Trostmomente wie gemeinsame Rituale sowie Zusammenhalt in schweren Zeiten werden in diesem Buch erlebbar gemacht.
Tod eines Geschwisterkindes
für Kinder ab ca. 3 Jahre:
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Anna Koppri: Marlene wohnt im Himmel: Eine Geschichte für Geschwister von Sternenkindern Dieses einfühlsam erzählte Kinderbuch kann Familien beim Verlust
eines Geschwisterkindes (in einem späten Schwangerschaftsstadium) begleiten. Der Abschied und die Trauerfeier werden auf eine liebevolle Weise und einem modernen Traueransatz entsprechend
dargestellt (das verstorbene Baby wird z.B. aus dem Krankenhaus mit nach Hause gebracht). Der Opa in der Geschichte ist religiös, was aber nicht überfrachtend wirkt und die Chance zum
Gespräch mit dem Kind bietet ("was stellst Du Dir vor?"). Ergänzt wird die Geschichte durch einen Sachteil und weiterführende Links für zu den Themen Sternenkinder und Stille Geburt.
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Lindsay Bonilla: Das Loch Hinter dem etwas hart klingenden Titel verbirgt sich eine empathische Geschichte für Familien, in denen ein Kind verstorben ist. Ein Junge, der
seinen verstorbenen Bruder vermisst, wird durch die verschiedenen Trauerphasen begleitet und zeigt, wie wichtig es ist, Unterstützung zuzulassen und gemeinsam zu trauern.
Tod durch Suizid
für Kinder und Jugendliche ab ca. 8 Jahre:
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Chris Paul, Suse Schweizer: Gelbe Blumen für Papa. Mit Kindern über Suizid sprechen Mit Kindern über Suizid zu sprechen, ist eine besondere Herausforderung. Dies liegt
nicht zuletzt daran, dass es uns Erwachsenen extrem schwerfällt, diese Art des Todes zu begreifen. Chris Paul wählt in ihrem bunt bebilderten Kinderbuch den Erklärungsweg über die
"Depressionskrankheit" (in diesem Fall des Papas). Sie schildert, wie Papa versuchte gegen seine Krankheit zu kämpfen, aber irgendwann nur noch Unglück spürte und deshalb lieber sterben
wollte. An dieser Stelle eine Warnung für Menschen, die dieses Buch für ihre Familie in Betracht ziehen: Der Suizid wird zwar knapp, aber doch sehr explizit beschrieben, was
durchaus verängstigend wirken kann. Kinder sollten dieses Buch keineswegs alleine lesen und es sollte auch nicht "einfach so" im Bücherregal stehen. Unter Begleitung kann dieses Buch
aber sehr hilfreich sein für Familien, die nach Worten suchen, ihren Kindern (und sich selbst) eine unfassbare Situation erklärbar(er) zu machen.
Zum Schluss eine Empfehlung für alle Trauernden:
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Groh: Du bleibst für immer in unseren Herzen. Das Trauer- und Erinnerungsbuch für Kinder und Familien Ein liebevolles Buch mit kreativen Anreizen, das Ihr
gemeinsam mit Kindern als Erinnerung an die verstorbene Person gestalten könnt. Auch ein empfehlenswertes Geschenk für trauernde Familien.